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Marcus Spengler:

Wem nützt die Diskussion um Musik und Intelligenz? - Eine qualitative Musiklehrerbefragung

Die Frage, ob Musik einen Einfluss auf "Intelligenz" habe, wurde in den vergangenen Jahren mehrfach untersucht und diskutiert. Im Zentrum des Interesses stand die "Bastian-Studie". In Fachzeitschriften entspann sich ein Pro und Contra nicht nur um die Frage selbst, sondern vor allem auch um die politische Verwertbarkeit "wissenschaftlich begründeter" Antworten auf die Frage. Die Betroffenen der Diskussion sind die Kinder und die MusiklehrerInnen. Beide Gruppen wurden noch nie danach gefragt, was sie von der Diskussion, von den Untersuchungen und deren Ergebnissen eigentlich halten. Die musikpädagogische Debatte fand, wie häufig, unter Ausschluss der Betroffenen statt.

In der vorliegenden Arbeit werden MusiklehrerInnen danach befragt, ob ihnen diese Diskussion "nützt" - und, wenn ja, wie.

Aus dem Pro und Contra (Kapitel 4) wird der Leitfaden für fokussierte Interviews entwickelt. Folgende Fragenkomplexe werden abgehandelt:

  1. Wie bekannt ist die Bastian-Studie? Wie wurde die entsprechende Information beschafft?
  2. Welche Vor- und Nachteile ergeben sich aus Studien über "Musik und Intelligenz" für das Schulfach Musik?
  3. Hatte das Bekanntwerden der Bastian-Studien-Ergebnisse Folgen im Kollegenkreis, in der Schule?
  4. Glauben Sie an Transfer-Effekte? Haben Sie solche im Alltag beobachtet?

10 MusiklehrerInnen unterschiedlicher Schularten wurden befragt. Die Ergebnisse sind folgende:

  1. Der Informationsstand der MusiklehrerInnen über die Bastian-Studie ist extrem gering.
  2. Dennoch herrscht durchgehend die Meinung, Wissenschaftler sollten derartige Untersuchungen durchführen. Ob sie direkt nützen oder nicht, sei dahingestellt.
  3. Die Ergebnisse der Studie hat den befragten MusiklehrerInnen nichts "genützt". Dies wird auch nicht erwartet. Dem Schulfach Musik nütze nach Meinung der Befragten "guter Musikunterricht" und eine "Präsenz von Musik" an der Schule.
  4. Fast alle Befragten können von zahlreichen Transfereffekte berichten: primär im sozialen Bereich, aber auch in "umliegenden Feldern". Allerdings sei solch ein Transfereffekt kein besonders gewichtiges Argument für oder gegen das Schulfach Musik.

Für Befund 1 werden eine Reihe von Interpretationen vorgeschlagen. Befund 2 zeugt vom liberalen Standpunkt der MusiklehrerInnen "der Wissenschaft" gegenüber, vielleicht auch vom schlechten Gewissen, so wenig informiert zu sein. Befund 3 folgt logisch aus 1 und zeigt, mit welchen Mitteln das Fach Musik "abgesichert" werden müsste. Befund 4 wirft ein Licht auf das politische Bewusstsein von MusiklehrerInnen. Dass das Schulfach bildungspolitisch umstritten und gefährdet sein könnte, kommt den MusiklehrerInnen, die an ihrer Schule große Erfolge und viele Liebesbeweise ernten, gar nicht in den Sinn. Von daher ist auch Befund 1 erklärbar.

Info: markus.spengler@mail.uni-oldenburg.de