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"Forschungsberichte Stroh/Universität Oldenburg"
Florian Petry:
Untersuchungen zur Zusammenarbeit der Fächer Musik und Sport an
allgemeinbildenden Schulen
Hauptergebnis: eine Zusammenarbeit zwischen den Fächern Musik und
Sport gibt es so gut wie gar nicht. Musiklehrer finden "Musik und Bewegung"
wichtig, realisieren dies aber selten, zudem verachten sie Sport und/oder sind
unsportlich bis körperfeindlich. Sportlehrer verwenden Musik als rhythmische Animation im
Rahmen traditioneller Sportarten. Bewegungserziehung mit Musik ist für Männer zu
"weich" (weiblich) und kein Sport-Thema. Nur Frauen "tanzen" im
Sportunterricht. Beide Fächer kooperieren in Projekten mit anderen Fächern, aber nicht
untereinander.
Methode der Arbeit: Theorieteil Literaturanalyse und -vergleich; empirischer Teil
problemzentrierte Interviews mit 10 Lehrerinnen und Lehrern.
Inhalt und einige Ergebnisse der Arbeit:
Gemeinsame Kategorien in der Sport- und Musikdidaktik
- "Umgang mit dem Körper" (Funke, Trebels, Schütz, R. Müller, Amrhein),
- "Kreativität" (Dieckert, Neuber, Hansen),
- "Ganzheitlichkeit" (Pütz, Spahlinger-Ditzig),
- "soziale Kompetenz" (Instrumentalisierungsdebatte in Sport, Bastian,
Transfer-Diskussion).
legen eine Zusammenarbeit der Fächer nahe. Diese gibt es aus folgenden Gründen nicht:
- Musiklehrer sind an Sport nicht interessiert (Sportlehrer noch eher an Musik),
- beide Fächer sind in der Schule weitgehend anerkannt, müssen nicht solidarisch ums
Überleben kämpfen,
- es gibt viele Projekte mit anderen Fächern, sodass kein zwingender Bedarf an
Musik-Sportprojekten besteht,
- die Verbindung von Musik und Sport wird von 9 von 10 Lehrern als schwierig und
problematisch angesehen,
- die Musiklehrer begegnen dem Fach Sport teilweise mit Aversionen, zwischen den Fächern
gibt es Vorurteile und Unkenntnis aktueller didaktischer Diskussionen,
- Musik ist für Sportlehrer etwas rhythmisch-körperliches, für Musiklehrer eher etwas
persönlichkeitsbildendes.
"Überspitzt formuliert: Die Musiklehrer sind weniger körperorientiert
eingestellt und stehen dem Umgang mit dem Körper reserviert gegenüber - die Sportlehrer
sehen in ihrem Unterricht Musik als funktionales Mittel" (S. 135-136).
Weitere Detailergebnis der Befragung:
- Sport und Musik sind in der Regel gut ausgestattet und erfreuen sich hoher Achtung im
Schulleben, auch wenn die Fächer bei den Schülern einen niedrigen Stellenwert haben.
- Musiklehrer haben wenig individuell-persönlichen Zugang zu Sport, Sportlehrer eher zu
Musik.
- In der Ausbildung spielte "Tanz" bei Musik- wie Sportlehrern eine Rolle.
Musiklehrer tanzen aber sehr wenig, obgleich sie "Tanz" grundsätzlich
befürworten, und die meisten Sportlehrer lehnen "Tanzen" grundsätzlich ab.
- Sportlehrer reduzieren Musik auf "Rhythmusstimulanz".
- Sport- und Musiklehrer sagen, die Durchführung von gemeinsamen Projekten seien
"schwierig", viele haben auch keinerlei inhaltliche Ideen. Dies scheint ein
Vorwand zu sein (siehe "Stomp", Projekt "afrikanischer Tanz" usw.).
- "Soziale Lernziele" formulieren alle Sportlehrer und nur wenige Musiklehrer.
- Sport- und Musiklehrer betonen aber: Freude, Spaß, Umgang mit dem Körper.
- Sport- und Musiklehrer bestätigen ihrem Fach Kreativitätsförderung.
- Transfereffekte besziehen sich in Sport auf Ausdauer, Raumgefühl, Orientierung (also den
körperlichen Bereich), in Musik auf körperlich-persönlichkeitsbildende Bereiche.
Die oben formulierten Ergebnisse der qualitativ-empirischen Untersuchung stellen
Denkanstösse und keine beweiskräftige Bestandsaufnahme dar.
Kontakt: Florian Petry (Florian.Petry "at" heh.uni-oldenburg.de)