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Katalog der Leitsätze

Das forschende Subjekt verändert das erforschte Objekt durch die Forschungstätigkeit.
Die Forschungsergebnisse hängen von den Interessen, Motiven und den Zielen ab.
Das Ergebnis ist auch durch die Forschungsmethode bestimmt.
Wenn man Musik erforscht, erforscht man immer die Menschen, die mit Musik umgehen.

 

Die abendländische Musik(geschichte) konstituiert sich durch den politisch schwierigen und ästhetisch erfolgreichen Kampf des harmonikalen gegen das schamanische Prinzip (des Kopfes gegen den Bauch, der Theorie gegen die Unmittelbarkeit).

 

Die Notenschrift und der Besitz einer Theorie ist nicht ein weltweit singuläres Merkmal der abendländischen Musik (wie es Eggebrecht und Rösing schreiben).
Musiktheorie gibt es in vielen Kulturen der Welt. Ebenso (oft unabhängig davon) Notenschrift. Theorie gibt es nur da, wo es Klassengesellschaften gibt. Notenschrift gibt es dann, wenn Traditionen zu zerbrechen drohen.

 

Der Übergang von Musik als Dienstleistung zum Warencharakter (dieser Dienstleistung und dann der Musik selbst) vollzieht sich in Oldenburg beispielsweise zur Zeit des Grafen Anton von Günthers während und kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg.
 

 

Die Angst des Abendlandes (Christentums, Okzidents) vor dem Morgenland (dem Islam, Orient, "den Türken") geht auf die Türkenkriege zurück und wurde in der "Klassik" (18. Jahrhundert) als Türkenmode verarbeitet.
Im "alla turca" lebt die Beschwörung des Bösen noch als Klingelton heute fort.

 

Die Auseinandersetzungen um die Aufführung der Oper "Wozzeck" in Oldenburg 1929 zeigen, dass noch in der Weimarer Zeit die Institution Oper eine öffentliche Bedeutung hatte, von der Kulturbeflissene heute nur noch träumen können: diese Aufführung führte zu einer Anfrage im Landtag!

 

Informationen zur "Musik der Welt" sind in Deutschland am Besten über den Rundfunk zu bekommen. Führend ist "Funkhaus Europa", bedingt sind Deutschlandfunk und Deutschlandradio Berlin noch beteiligt. Die "Musik der Deutsch-Ausländer" spielt im übrigen Radio und Fernsehen überhaupt keine Rolle: diese kulturellen Gruppen werden von den Massenmedien ausgebürgert bzw. in die 20 Minuten der ARD-Sendungen (die nur noch über 3 Frequenzen gesendet werden) verlagert.

 

Die akustische Systematik der Musikinstrumente weicht von derjenigen der Umgangssprache und Orchesterpraxis erheblich ab. Sie wurde entwickelt und notwendig, nachdem um 1900 immer mehr außereuropäische Instrumente in Deutschland bekannt geworden waren.

 

Weltmusikkulturkreise lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien bilden: historischer Kulturgeschichte (Reck), Musikmärkten (Rough Guide), geografisch (Garland), als "Kompilation" (Födermayer). Gemeinsam bei allen Kategorien sind: Arabisch-türkisch-persisch, indisch, ostasiatisch, schwarzafrikanisch, lateinamerikanisch. Die anderen Gebietseinteilungen sind umstritten.

 

Die Konstruktion des "öffentlich-rechtlichen Rundfunks" hatte für die Musikszene Westdeutschlands (BRD) positive Folgen. In folgenden Bereichen hat sie zum weltweiten Image des betreffenden Bereichs geführt: Jazz, insbesondere Free Jazz; Avantgarde, insbesondere elektronische Musik. Dagegen ist die Förderung deutscher Pop-/Rockmusik durch den Rundfunk bis heute gering - siehe die aktuelle Quotendiskussion.

 

Im Sektor "Weltmusik" stehen sich die Vorwürfe "faschistoid" und "imperialistisch" unversöhnlich gegenüber. Wer für "reine Kulturen" plädiert, ist bestenfalls romantisch, naiv oder eben "faschistoid", wer für globale weltmusikalische Fusionierung plädiert, verkennt die Herrschaftsverhältnis und ist eben "imperialistisch". Die globale Ungerechtigkeit in der Welt kann Weltmusik offensichtlich nicht beseitigen!

 

Gegenstand der Musikpsychologie ist der musikalisch tätige Mensch und nicht "die Musik".
Ob die Musikpsychologie bei der Wahrnehmung ansetzt und dann zu den "inneren" Vorgängen vorrückt, oder aber an der (sichtbaren) menschlichen Tätigkeit - in jedem Falle geht die Musikpsychologie immer von einem allgemein-psychologischen Menschenbild aus und definiert von daher, was sie unter "Musik" versteht.

 

Vier Dimensionen von "Musik und Medien": Reproduktion (z.B. Notenschrift, Tonträger), Produktion (elektronische Musik, Musikproduktion am Computer), Distribution (Radio, Fernsehen, Internet) und Rezeption (Mediensozialisation, Medienkompetenz).

Untersuchungsergebnisse: Musikalische Sozialisation von Kindern erfolgt primär durch 1,5 Stunden aktuelle und pfiffige Medienmusik ("Kinderkanal"). Die Medienkompetenz von Musiklehrern unterscheidet sich in den wichtigsten Punkten nicht von derjenigen anderer vergleichbarer Berufsgruppen (andere Lehrer etc.). Die "Krise des Musikunterrichts" ist nicht zuletzt eine Folge der geringen Medienkompetenz von Musiklehrern - also "hausgemacht".