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Musiktherapie und Musikpädagogik

Methodentransfer unter veränderter Zielsetzung
Materialien aus einem Seminar

 

Musiktherapie und Musikpädagogik: „Psycho in der Schule!"

Musikstunde zum Thema „Popmusik in Australien", hier Arbeit an dem Titel „The Dead Heart" von Midnight Oil (siehe unten)

Die Stunde enthält eine musikpratische Übung zum Eingrooven in die Musik sowie die Besprechung von Text, Inhalt und Hintergrund des Musikstücks.

Diese Stunde kann, aus der Sicht der LehrerIn in zwei Richtungen hin fortgesetzt werden: entweder dadurch, daß die musikpraktische Übung ausdifferenziert und zu einem Arrangement ausgebaut wird, wobei auch einfaches Didjeridu-Spiel miteinbezogen werden kann, oder dadurch, daß ein anderer und vom Typ her andersartiger Poptitel auf ähnliche Weise praktisch-theoretisch erarbeitet wird. - Sie weiß nicht genau, inwieweit die SchülerInnen den musikpraktischen Teil „doof" fanden, ob der „Sound" der Musik ob „Australien" oder gar die „Aborigines" die SchülerInnen wirklich interessieren...

In der folgenden Stunde kann die LehrerIn mit dei Verfahren an die vorige Stunde anknüpfen und aus den dabei erfolgenden Rückmeldungen ihre weiteren didaktischen Entscheidungen abhängig machen.

 

„Schlüsselfrage"

„Setting"

A

Was haben wir in der letzten Stunde durchgenommen, was haben wir gemacht?

Klassengespräch: die Antworten der SchülerInnen werden von der LehrerIn „additiv" aneinander gehängt, bis „alles" zusammen ist.

B

Was kommt Dir als erstes in den Sinn, wenn Du an die letzte Stunde zurückdenkst?

Jede/r S erhält einen Zettel, auf den sie/er als Antwort maximal zwei Worte oder ganz kurze Satzfragmente aufschreiben darf. Die Zettel werden an eine Pinwand geheftet und gemeinsam sortiert.

C

Wie ist es Dir in der letzten Stunde ergangen, wie hast Du Dich gefühlt?

Blitzlicht: alle sitzen im Kreis, jede/r sagt ihre/seine Antwort, reihum, wobei es keinerlei Kommentierung geben darf!

 

A

B

C

Welche Information erhält die L ?

 

 

 

   

Welche didaktischen Entscheidungen kann die L aufgrund dieser Rückmeldungen treffen?

 

 

 

   

Wie würdest Du Dich als S bei diesem „setting" fühlen?

     

Wie würdest Du ich als L bei diesem „setting" fühlen?

     

Für welches „setting" würdest Du Dich entscheiden?

     

Gegenüberstellung gewisser Merkmale der drei Verfahren:

A

B

C

setting: Unterrichtsgespräch

(übliches Unterrichtsverfahren)

setting: angelehnt an Brain-Storming

(übliches Manangerverfahren)

setting: Blitzlicht

(beliebtes Psychoverfahren)

die Antworten können richtig oder falsch sein

die Antworten können ehrlich oder unehrlich sein, aber nicht richtig oder falsch

die Antworten können abwehrend, ausweichend oder offen, entgegenkommend sein

die Beteiligung ist unverbindlich und offen

die Beteiligung ist verpflichtend, aber relativ unverbindlich

die Beteiligung ist sehr verbindlich und herausfordernd

ein „Gegenstand" wird beschrieben bzw. ein Erlebnis rekonstruiert

eine Erinnerung wird benannt, die in der Regel etwas mit dem „Gegenstand" zu tun hat

ein Gefühl wird benannt, das mehr oder weniger mit dem Gegenstand zu tun haben kann

Gefühle und Wertungen spiele keine Rolle

Gefühle spielen keine Rolle, Wertungen insofern, als die erste Erinnerung eine Prioritätensetzung darstellt

ausschließlich Gefühle werden thematisiert, nicht, wodurch dieselben ausgelöst wurden

Regeln/Konsequenzen:

Die drei Fragetypen erbringen - vorausgesetzt das Verfahren funktioniert jeweils - unterschiedliche Information. A informiert über „Lerninhalte", B über Bedeutungen, die mit Lerninhalten verbunden sind, C über Gefühle, die beim Lernen beteiligt waren.

Für die didaktische Unterrichtsplanung sind alle drei Informationsarten wertvoll.

Jeder Typ von Fragestellung erfordert eine bestimmtes „setting".

Man kann im selben „setting" nicht einfach von einer sachorientierten Frage auf eine personen- oder gefühlsbezogene Psychofrage überwechseln.

Unterschiedliche Fragen erfordern unterschiedliche Rollen (der LehrerIn und der SchülerInnen). Durch das „setting" wird die jeweilige Rollenübernahme erleichtert. Allerdings muß zuvor geklärt sein, ob die Beteiligten wohl in der Lage sein werden, die jeweiligen Rollen zu übernehmen.

Die SchülerInnen können bei B und C zwar nicht „richtig" oder „falsch" antworten, Zensurengebung ist also unmöglich (da Vergleichsmaßstäbe fehlen), sie empfinden Verfahren A aber keineswegs als „repressiver" denn B und C.

C setzt ein „Vertrauensklima" in der Klasse voraus. B ist eine Vorübung, bei der durch einen formalisierten („handlungsorientierten") Trick der Übergang von A nach C vorbereitet wird.

Das repressive Moment an C liegt darin, daß es kein „Verstecken" gibt und daß überhaupt SchülerInnen zu ihren Gefühlen stehen.

LehrerInnen haben, wie auch die SchülerInnen, Gewöhnungsschwierigkeiten mit Psycho-Verfahren, auch wenn sie deren Notwendigkeit einsehen. LehrerInnen haben Angst, daß das Verfahren nicht funktioniert.

Beim Blitzlicht C ist das Wichtigste, daß sich alle an die Regeln halten: (a) jede/r sagt nur, wie sie/er sich gefühlt hat, nicht warum dies so war, (b) niemand kommentiert das Gesagte. Meist funktioniert dann alles glatt. Die LehrerIn darf also selbst nicht kommentieren und muß zudem auf die Einhaltung der Spielregeln achten.

Erste grobe Merkworte:

Verfahren A charakterisiert Pädagogik in der Schule. Es ist das zur Kontrolle von Lernprozessen übliche. Der Inhalt ist alles, Gefühle sind nichts (d.h. nur im Hinblick auf Motivation von Interesse).

Verfahren C ist charakteristisch für Therapie. Der Inhalt (hier die Musik und deren methodische Aneigungsformen) ist nichts, die Gefühle sind alles. Musik ist „Mittel zum Zweck", um tiefere Schichten, die sich zunächst als „Gefühle" äußern, auf- und durchzuarbeiten.

Für die Schule stellt sich die Frage, ob und inwieweit „tiefere Schichten" bedeutsam sein sollen.


Unterrichtsbeispiel: „The Dead Heart" von Midnight Oil

Notenbeispiel 1 (Intro, Interlude):

 

Holz

X

X

X

X

X

X

X

X

Klatsch

   

O

     

O

 

Füße

Re

     

Li

     

 

Die 2-taktige Phrase wird 3 Mal wiederholt, dann folgen zwei Takte ohne Text (ursprünglich mit einem Didjeridu-ähnlichen Klang).

Notenbeispiel 2 (Refrain):