Tiefenwirkung von Musik: Musik und Emotionen (Herangehensweisen der Musikwissenschaft)

Blatt 12

Emotionen und Musikwirkung - die Grundfragen:

Liste der Elementar-Emotionen nach Goleman:

 

Zorn
Trauer
Furcht
Glück,Freude

Liebe
Überraschung
Abscheu. Ekel
Scham

 

Forschsungspraxis und -methodik:

  Symptom Messgröße Methode Bemerkung Probleme
1 subjektives Empfindung sprachliche Äußerung Polaritätsprofil sehr beliebt, technisch einfach, statistische Auswertung aufwendig Angaben über Eigenschaften der Musik oder der Empfindung?
2 Ausdrucks-verhalten Gesicht, Haltung Beobachtung (Foto, Video) kaum entwickelt (außer Gesichtsausdruck) Nur vergleichende Interpretation möglich?
3 physiologische Reaktion entsprechende Parameter Erfassung von Messwerten beliebt und technisch aufwendig, Auswertung einfach Theorie zum Zusammenhang von Physiologie und Emotion?
4 musikalische Alltagspraxis Funktion, Selbstinter-pretation Beobachtung, Befragung musikethnologische und kulturvergleichende Forschung Einfühlung oder außerkulturelles Verständnis?

 

 Helmut Rösings "Musikalische Ausdrucksmodelle":

Rösing 1985 Rösing 1993 Musiktyp Tempo Rhythmus Lautstärke, Klangfarbe Melodik
Aktivität Freude (aktiv) Presto-Typ schnell abwechs-lungsreich laut, hell, strahlend sprunghaft
Passivität Trauer (passiv) Adagio-Typ langsam konturlos leise, dunkel, verschmelzend kreisend
Imponier-gehabe Imponier-gehabe Marsch gemessen stark akzentuiert laut, voluminös, massiv weit gespannt
Zärtlichkeit Demut/Zärtlichkeit Wiegenlied mäßig gleichmäßig pulsierend leise, durchhürbar Bogenform, kurze Motive

 

Ausdruck im Tonfall des Sprechens im interkulturellen Vergleich (nach Eibl-Eibesfeld 1984):

  Basistonhöhe Variation der Basistonhöhe Tempo Lautstärke Melodik Klangfarbe
Freude hoch stark schnell groß auf und ab hell
Traurigkeit tief gering langsam gering abwärts dunkel

 

Interkulturelle Betrachtungen:

Dastgah-ha’s (Persien) Emotionaler Gehalt Hörbeispiel
homayun Fröhlichkeit, Zärtlichkeit Tör (Laute)
segäh Trauer, Zuversicht Naii (Flöte)
bayat-e isfahän Weisheit, Verzückung Kemantsche (Geige)
bayat-e trok Gelassenheit Santur (Zither)

Quelle: Neues Handbuch der Musikwissenschaft, hg. von Hans Oesch, Band 9, Kapitel: Der arabisch-persische Kulturbereich. Laaber 1987, S. 159 ff.

Maqam-System Wirkung nach al-Farabi (872-950): Gefühlsausdruck nach Touma (1989): H�rbeispiel
Rast Behagen, innere Ruhe Stolz, Macht, geistige Gesundheit Güvenc/Tucek
Hüsenyi Friede, Ruhe, Entspannung   diesselben
Hicaz Demut Wüstenferne diesselben
Rehavi Gefühl der Unendlichkeit    
Isfahan Selbstbewußtsein, Beweglichkeit    
Neva Geschmack, Trost    
Ussak Freude, Lächeln (Bayati:) Lebenskraft, Freude  
Saba Mut, Stärke Taurigkeit, Schmerz  

Quelle: Rahmi Oruc Güvenc: Geschichte und Abriss der Musiktherapie im Allgemeinen und im Besonderen bei den Türken und ihr heutiger Stand. Istanbul 1975 (= Basisschrift der heutigen Güvenc-Schule zur "Altorientalischen Musiktherapie"). Habib Hassan Touma: Die Musik der Araber. Wilhelmshaven 1989 (Heinrichhofen’s Taschenbücher zur Musikwissenschaft 37).

 

Eine empirische Untersuchung von Habi Hassan Touma am Maqam "Saba":

Skala Araber Nicht-Araber
1 (am intensivsten) Weinen Schmerz
  Trauer  
  Schmerz  
  Totenklage  
2 (intensiver) Mitleid Ruhelosigkeit
  Überraschung  
3 (intensiv) Durst Aufregung
  unerfüllte Liebe  
  grau, schwarz  
4 (weniger intensiv) Witwe, Waise Einsamkeit
  Garten ohne Blumen  
  Nebel  
5 (am wenigsten intensiv) Wasserfall, weiß-rosa  

Bemerkung: Die Begriffe wurden aus einer freien Assoziations-Studie an Arabern gewonnen. Die Araber hatten große Schwierigkeit, auf Tonbandbeispiele zu reagieren (antworten). Quelle: Habib Hassan Touma: Die Musik der Araber. Wilhelmshaven 1989, S. 70 ff.

 

Untersuchungen zur melodischen Kontur von Wiegenliedern (Inge Cordes 1998):

  Polaritätsprofil (bei deutschen Studis) Melodie-Charakteristik  
Schwingtypus schützend, zärtlich, lieb, beruhigend monoton, geringer Ambitus, "schwingend" 45%
Lobliedtypus freundlich, zärtlich, lieb, schützend (weniger beruhigend) glockenförmig, großer Ambitus 27%
Spiellieder anregend, lustig sinusförmig, Sprünge 21%
Zurechtweislieder anregend, aufregend, zurechtweisend, ärgelich, drohend steil abfallend 7%

Quelle: Dissertation Bremen 1998. Sowie in: Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie, Band 13, 1998, S. 26-54.