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Musiktherapie und Musikpädagogik

Methodentransfer unter veränderter Zielsetzung
Materialien aus einem Seminar

 

Musiktherapie und Musikpädagogik: Musiktherapie im Überblick

Klinische Medizin im weiteren Sinne.

Galt in BRD bis vor kurzem nicht als „Musiktherapie".

Selbst beim medizinischen Einsatz („Bohren desZahnarztes") ist der Erfolg vom „Zustand" der PatientIn abhängig. Dieser Zustand soll durch „funktionale Musik" positiv beeinflußt werden (Entspannung, Ablenkung).

Musikeinsatz bei systematischer Streßminderung.

Musikeinsatz zur Prophylakse (z.B. gegen Herzinfarkt).

Klinische Musiktherapie im engeren Sinne.

Wird heute oft als „Musik-Medizin" der Musiktherapie gegenübergestellt. Zunehmend jedoch umfaßt der Begriff „Musiktherapie" auch diesen Bereich, der wissenschaftlich am besten erforscht ist.

Musikeinsatz ersetzt Medikamente (z.B. bei Narkose).

Musikeinsatz beeinflußt Biorhythmen (z.B. bei der Geburtshilfe).

Musikeinsatz entkrampft durch Vibrationen (z.B. auf Klangliegen oder im Liquid Sound-Bad).

Musikeinsatz fördert die Hirndurchblutung (z.B. bei der Klangtherapie).

Musikeinsatz in der Schmerztherapie usw.

Musiktherapie als Form von Psychotherapie.

Die Deutsche Gesellschaft für Musiktherapie hat lange Zeit versucht, die Bezeichnung „Musiktherapie" nur für diesen Fall zu reservieren. Da Musik in der Psychotherapie dem Therapiekonzept untergeordnet ist, wird Musiktherapie hier meist nach solchen Konzepten benannt.

Musik in der Psychoanalyse. Die Therapie versucht die Ursachen einer Krankheit, die als „Symptom" gesehen wird, zu entdecken und diese „aufzuarbeiten".

Musik als Mittel in der Verhaltenstherapie. Die Therapie arbeitet mit den sichtbaren Symptomen, dem „Verhalten", verstärkt die positiven, schwächt die negativen, an denen die PatientIn leidet.

Musik in der Gestalt- und Integrativen Therapie, in der Humanistischen Psychotherapie. Die Therapie geht davon aus, daß ein Mensch dann leidet, wenn seine „Ganzheit" auseinandergefallen ist und er seine Selbstheilungsfähigkeiten verloren hat. Die Therapie „integriert" daher und stärkt die heilenden Kräfte im Menschen („Krankheit als Chance").

Musik zur angeleiteten Selbstverwirklichung.

„Selbsttherapie". Die Nachfrage bestätigt, daß es in unserer „kranken" Gesellschaft einen Grundbedarf an „Heilung" gibt.

Verfahren aus der Klinischen Medizin im weiteren und engeren Sinne (z.B. Klangmassagen, „Singen zur Selbstheilung").

Die meisten Workshops kombinieren psychotherapeutische Verfahren mit esoterisch, ästhetisch oder experimentell ansprechenden Formen, die einen Freizeitwert haben.

Musik in der Altenarbeit („Menschenrecht auf Selbstverwirklichung am Lebensabend").

Musik zur Herstellung veränderten Bewußtseins (z.B. HemiSync-Musik, Tranceinduktion).

Musikeinsatz in der Förder-Pädagogik und Sozialarbeit.

Musik soll Lernprozesse fördern, beim Umgang mit Behinderungen behilfich sein oder soziales Verhalten fördern. SonderpädagogInnen lehnen den Begriff „Therapie" ab.

Musik zur Förderung von Lernprozessen (z.B. Superlearning).

Musik bei Verhaltensstörungen (z.B. als kommunikatives Mittel).

Musikeinsatz bei Behinderten (z.B. in Trainingsprogrammen).

Musik zur sozialen Integration (z.B. im Knast, in Jugendheimen).

Musik bei der offenen Arbeit im kriminell anfälligen Milieu.

(Heute überholt:) Musik zur interkulturellen Kommunikation (die ersten Konzepte interkultureller Musikerziehung entstanden in der Musik-Sonderpädagogik!).

Warum und wie wirkt Musik?

Die Wirkung von Musik, die die Musiktherapie ausnutzt (und oft erst einmal aufzeigt) kann weder durch die strukturellen Eigenschaften der Musik selbst (z.B. „Gongklang") noch durch die vegetativen Wirkungen von Musik (z.B. „Blutdruck") oder die Nerven- und Gehirnaktivität (z.B. „Alphawellen") bei musikalischer Tätigkeit erklärt werden. Musik ist kein Medikament. Dennoch nehmen alle Musiktherapien hypothetisch an, daß gewisse Eigenschaften von Musik für gewisse Wirkungen verantwortlich sind:

 

Musik ist Kommunikation

Menschen können mit musikalischen Mitteln miteinander kommunizieren. Musikalische Tätigkeit betont den Beziehungsaspekt von Kommunikation, da der Inhaltsaspekt zurücktritt. Alle Probleme, die mit Kommunikationsstörungen zusammenhängen, können mittels Musik angegangen werden.

Musik ist Ausdruck

Menschen können durch Musik etwas zum Ausdruck bringen. Das, was durch Musik zum Ausdruck gebracht wird, kann zum Zwecke der Diagnose verwendet werden. Die „Ausdrucksweise" von Musik ist ganzheitlich, emotionsbezogen, kann aus dem Unterbewußten kommen, ist nicht-digital, wenig verstandeskontrolliert, durchbricht Verdrängungen usw. Der Akt des „Ausdrückens" ist ein lustvolles oder schmerzhaftes Erlebnis. Musik kann bei Problemen, in dem Ausdrucksunfähigkeit eine Rolle spielt, eingesetzt werden.

Musik ist Energie

Musik kann dem Menschen Energie unterschiedlichster Art zuführen und zur Abfuhr von Energie dienen. Dabei ist sowohl an physikalische (Schall-)Energie, an physische Körperenergie beim Musikmachen, als auch an psychische Energie gedacht. Wenn Probleme aus einer energetischen Schwäche auf einer der drei Ebenen entstehen, so kann Musik eingesetzt werden.

Musik ist Erlebnis

Musik - schon ein einfacher Klang, bloßes Singen oder Tanzen - kann ein Tiefenerlebnis, das Unterbewußtes anrührt, vermitteln. Immer, wenn nach Ursachen von Problemen gesucht wird, unter deren Symptomen ein Mensch leidet, kann man mit Musik auf die Suche gehen. Probleme, die mit Erlebnisschwäche oder -unfähigkeit zu tun haben („Panzerung"), können mit Musik angegangen werden.

Musik ist Bewußtseinsveränderung

Musik kann bewußtseinsverändernd wirken, kann Blockaden lösen (z.B. beim Trommeln oder Improvisieren) und die Erfahrung von Transzendenz vermitteln. Musik kann auch Regression fördern. Immer wenn ein Problem aus einer zu starken Kontrolle des Über-Ichs, des Rationalitätsprinzips oder des Verstandes resultiert, kann Musik eingesetzt werden.

Musik ist Symbol

Die Klanggestalt und die musikalische Handlung können für etwas qualitativ Anderes stehen, sie können Symbol sein. Solche Symbole können sein: Ordnung, Symmetrie, Harmonie, die vier Elemente, die Chakren, Kommen und Gehen, Stillstand von Zeit, Kosmos, das Leben, die Geburt usw. Bei Problemen, die sich in Gefühlen von Halt-, Ordnungs- oder Sinnlosigkeit äußern, können musikalisch vermittelte Symbolisierungen helfen.

Bei einer konkreten musiktherapeutischen Methode können eine oder mehrere der genannten Eigenschaften benutzt werden. Die Art der Musik, das Setting, die Umgangsweise mit Musik und die musikalischen Vorerfahrungen der Beteiligten entscheiden darüber, welche der genannten Eigenschaften eine Rolle spielt.