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Blatt 18

Interkulturelle Musikerziehung in der BRD

Der politische Zusammenhang der Konzepte:

politischer Hintergrund konzeptionelle Stichworte

1975-1985 integrative Pädagogik - es gibt keine musikpädagogische Konzeption.

Seit 1970 gibt es Musikunterrichtseinheiten zu "Außereuropäischer Musik". Dabei steht die Musik-Avantgarde und ein allgemeiner Bildungsanspruch, nicht die Gastarbeiterfrage im Zentrum des Interesses.

1974 Anwerbestop: Neben erwachsenen Gastarbeitern gibt es zunehmend auch ausländische Kinder in der BRD, für die die Schulpflicht eingeführt wird.
  • KMK: "Integration und Erhalt der kulturellen Identität". Integration in die deutsche Kultur und zugleich Rückkehrfähigkeit.
  • übergeordnetes politisch-pädagogisches Ziel: Chancengleichheit und Nicht-Diskriminierung.
  • Ausländerpädagogik wird als Teil der Sonderpädagogik behandelt. (Irmgard Merkt geht von der Sonderpädagogik aus!)

seit 1983 interkulturelle (Musik-) Erziehung.

1983 erscheint Irmgard Merkts "Deutsch-türkische Musikpädagogik", ein Buch das den Anstoß zu einer sozialintegrativen Musikerziehung gibt. Merkt prägt den Terminus "IME". 1993 formuliert Merkt den "Schnittstellenansatz", der seither die methodische Basis der IME darstellt.

"Die BundesbügerInnen müsen mit einigen Millionen Ausländerfamilien klarkommen". Frage: Wird Deutschland ein "Einwandererland"? Sind es Ausländerprobleme oder typische Probleme eines (neuen) Subproletariats?
  • Zentrale Idee: Toleranz, Verständigung, Begegnung.
  • Bisherige Integration wird als "Assimilation" kritisiert.
  • Zielgruppe: "gemischte" Klassen. Ziel: soziale Kommunikation.
  • Unterschiede der Kulturen werden akzeptiert und nicht nivelliert. Schule soll ein Ort gegenseitiger Verständigung sein.
  • Gegenstand des Musikunterrichts ist jene Musik, die die Kinder wirklich kennen, nicht eine exotische Folklore ("außereuropäische Musik"). Liederbuch "Die Welt dreht sich" u.a.

seit ca. 1985 antirassistische (Musik-) Erziehung und Friedenserziehung.

1982 durch Eberhard Richter angestoßen entwickelt sich eine Friedenspädagogik, die auch für den Musikunterricht relevant wird (Zusammenfassung Stroh 1991). IME wird als Teil von Friedenserziehung betrachtet, die neben dem "äußeren" auch den "inneren" Frieden kennt.

Ausländerfeindlichkeit, Rassismus; soziale Probleme in der vereinten BRD. Kein Einwanderungsgesetz, keine deutsche Staatsbürgerschaft für die 3. Generation, Asylrechtsänderungen.
  • (Nach Vorbild der angloamerikanischen Multicultural Education:) These der Einheit von interkultureller und antirassistischer Erziehung.
  • (Musik-)Pädagogische Zielgruppen sind primär deutsche Kinder. Es spielt keine Rolle, ob eine Klasse "homogen" oder "gemischt" ist.
  • Kritik des "alltäglichen Rassismus", auch im Musikunterricht.
  • Friedenserziehung: friedliche Konfliktregelung, Anti-Gewalt-Pädagogik

seit ca. 1990 multikulturelle (Musik-) Erziehung - wird aber immer noch "intekulturell" genannt

Zunächst "transkulturelle Musikerziehung", dann Anlehnung an den agloamerikanischen Begriff. Bezugspunkt des Unterrichts ist endgültig die in Deutschland real existierende kulturelle Vielfalt. Entstehen unkonventieonller Konzepte, die weit weg vom Anspruch "Authentizität" sind.

Quer durch die Parteien wird die Frage diskutiert, ob die BRD multikulturell ist oder werden sollte. Konsens in der Meinung, das Verhältnis Deutsche-Ausländer müsse neu geregelt werden.
  • Erkenntnis, dass die Kultur der BRD mehrfach (horizontal und vertikal) geschichtet ist: Multikultur = Zusammensetzung vieler Subkulturen.
  • Beachtung der integrativen Kraft der Massenmedien und des www. These vom globalen Dorf. Weltmusik als neues Musikkonzept.
  • Institutionelle Beachtung der Migrantenkultur, z.B. durch Musikschulen, "Werkstatt der Kulturen".
  • Neues Leitziel die IME: die "multikulturelle Persönlichkeit".

Systematische Darstellung ausgehend von Funktionen und Konzepten von Schule:

Schlagwort

Ziele

bildungspolitische

Konzeptionen

Funktion von Schule

"neue Inhalte

für den MU"

Verstehen

Horizonterweiterung

Vielseitigkeit

Chancengleichheit

Bildung für alle

Integriertes Schulsystem

S. ist eine primär berufliche

Qualifikationsinstanz

"soziales Lernen

im MU"

Kommunikation

soziale Integration

Toleranz

Schule als Erfahrungsraum

Handlungsorientierter Unterricht

S. ist eine

Sozialisationsinstanz

"schüler-orientierter MU"

Identitätsbildung

zugleich Akzeptieren des Anderen

Lebensweltbezug des Lernen

Lernen mit individueller Relevanz

Projektunterricht, Praxisorientierung

S. ist Teil der

Lebenswelt

Jugendlicher, Teil der Gesellschaft

"antirassistischer

MU"

gewaltfreie Konfliktregelung

Friedenserziehung

Vorurteilsbeseitigung

Konfliktpädagogik

psychosoziale Arbeit an der Schule

Elternarbeit, Elternmitbestimmung

S. ist eine

Reperaturinstanz,

sie soll gesellschaftlichen Problemen vorbeugen und diese reparieren

"multikultureller MU"

neue kulturelle Erfahrungen

Elemente neuer Kultur entwickeln und erproben

Multikulturelle Persönlichkeit

? S. ist ein

Experimentierfeld,

kulturelle Avantgarde, Feld für neue Erfahrungen