Das Oldenburger Klezmer-Projekt (seit 1997)

"Tsen brider sajnen mir gewesn"

Der besondere Humor jiddischer Musik und dessen Erscheinungsformen in Deutschland

Dieser Aufsatz ist erschienen in "Martin Geck. Festschrift zum 65. Geburtstag", hg. von Ares Rolf und Ulrich Tadday. Klangfarben Musikverlag Dortmund 2001. Seite 371-392.

... dieses Nebeneinander von Lebensfreude und tiefer Niedergeschlagenheit,von Humor und Klage, diese Art von Selbstironie oder auch Galgenhumor zum Wesen der Ostjuden gehört." (Volker Matt, 1989)

Wie der jiddische Witz, die Anekdote und das Sprichtwort, in denen sich talmudischer Scharfsinn und geschliffener Humor manifestieren, ist auch das jiddische Volkslied ein Ausdruck sozialer und emotionaler Misere - und gleichzeitig, einmal in Klage, einmal in Spott, der Versuch, sie zu bewältigen." (Ruben Frankenstein, 1977)

Daß ein jiddisches Lied wie die „Tsen Brider" Ausdruck sozialer und emotionaler Misere ist, indem es eine Dramaturgie von schwarzem oder bitterem Galgenhumor entfaltet, liegt auf der Hand: die soziale Misere wird im Text unmittelbar angesprochen, die emotionale Misere kommt indirekt zum Ausdruck, indem der Sänger in jenen Augenblicken, wo politisches Denken und Handeln einsetzen könnte, sich in die Droge „Musik" flüchtet und dazu laut „Oh weh!" schreit. Weniger auf der Hand liegt, daß das Lied „ Tsen Brider" ein Versuch ist, diese doppelte Misere zu bewältigen. Und wenn dies der Fall sein sollte, stellt sich 100 Jahre nach Liedentstehung die Frage, ob und, wenn ja, wie dieser Versuch gelungen ist. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der sozialen und emotionalen Misere der (Ost-)Juden vor, unter und nach dem Holocaust.

Die Antwort auf diese Fragen soll in vier Schritten erfolgen: Zunächst wird die „Dramaturgie" des Liedes als eine spezifische Form von „Humor", sodann der Gebrauch, der von diesem Lied in den vergangenen 100 Jahren gemacht worden ist, unter der Fragestellung, wie sich dieser „Humor" entfaltet hat, analysiert. Drittens werden musikalische Interpretationen des Liedes im Nachkriegsdeutschland untersucht, weil sich hier die größten Schwierigkeiten mit dem „Humor" des Liedes ergeben haben, und abschließend wird gefragt, wie das Lied in Deutschland heute verwendet werden kann.

1. Die immanente Dramaturgie des Liedes

Die Dramaturgie des jiddischen Liedes „Tsen Brider" gleicht einem emotionalen und energetischen Wechselbad. Das Lied ist formal aus drei Bestandteilen zusammengesetzt:

  • der Kernerzählung in Gestalt von 10 Strophen,
  • mit dem Kommentar zu den jeweiligen Etappen der Erzählung in Gestalt des Rufes "Oj!"
  • und dem Refrain "Schmerl mitn fidele, Tewje mitn bass...".

Die Kernerzählung:

Die 10 Strophen berichten nach einem rigide gehandhabten Schema, wie beim Handel mit verschiedenen Materialien ein „Bruder" nach dem andern wegstirbt, bis der letzte, der Sänger, übrig bleibt, aus dem Schema ausbricht und sagt: „Sterben tu ich jeden Tag, weil zu essen hab’ ich nicht". Das Erzählschema ist so rigide, daß pro Strophe nur die jeweilige Zahl der Überlebenden und die Handelsware verändert werden:

Tsen brider sajnen mir gewesn, lajn ejner is gestorb’n is geblib’n najn
najn

fracht

acht
acht

ribn

sibn
sibn

gebeks

seks
seks

schtrimpf

finf
finf

bir

fir
fir

hej

draj
draj

blaj

zwej
zwej

bejner

ejn
ejn licht schterb’n tu ich jeden tog wajl tsu esn hob ich nit

Die Rigidität hat angesichts der tragischen Vorkommnisse einen Verfremdungseffekt. Dieser wird zugespitzt durch die Unglaubwürdigkeit der Todesursachen. Die Aussage des zuletzt verbliebenen „Bruders" löst das Rätsel: einerseits ist der 10-malige Tod die tägliche Wiederholung des Elends eines einzigen Menschen; andererseits jedoch ist nicht der jeweilige Handel an sich Todesursache, sondern die - zu verallgemeinernde - Tatsache, daß sich vom Handel nicht (mehr) leben läßt. Insofern spricht das Lied, das in der Zeit der großen Emigrationswelle osteuropäischer Juden kurz vor der Jahrhundertwende entstanden ist, Realität in sehr differenzierter Weise an: Vom Handel allein kann ein Volk nicht leben, die gehandelten Waren müssen auch produziert werden. Der Handel „ realisiert" zwar den Wert von Waren, er schafft ihn aber nicht. Daher ist Handel allein brotlos. Genau dies war die Situation der Juden in einer Zeit, wo die Industrialisierung in Osteuropa einsetzte und Millionen zur Auswanderung an die Billiglohnarbeitsplätze in der New Yorker Bekleidungsindustrie trieb. 75% der 2 Millionen jüdischer Einwanderer in die USA 1880-1924 stammten aus Rußland, 64% davon waren „skilled workers" (gegenüber 20% bei sonstigen Einwanderern) und extrem jung. Das bedeutet, daß in Osteuropa „skilled workers" arbeitslos wurden. Der erste Schritt eines „skilled worker" aus der (handwerklichen) Produktion war der Handel. Wurde er hier brotlos, so half nur noch die Auswanderung.
Das rigide Aufzählungsschema hat noch weitere Effekte. In Verbindung mit der liturgischen Melodieführung hat die Aufzählung der Ereignisse etwas Montones, ja Litaneiartiges, zugleich auch Seelen- bis Gefühlloses an sich. Trotz der endlichen Zahlenreihe „10, 9, 8, ..., 1, 0" erweckt diese Litanei den Eindruck von Endlosigkeit: der Vorgang kommt nie zu einem Ende. Die synagogale Gesangsart, die die schriftlich überlieferten Melodien zu fixieren versuchen, läßt allerdings erheblich agogische Freiheit innerhalb des rigiden Verlaufsschemas zu. Diese historische Agogik spiegelt sich in den recht unterschiedlichen Versuchen wider, die Strophen in Notenschrift wiederzugeben:

Die erste bekannte Fassung der „Tsen brider" mit Noten stammt von Sussman Kisselgoff und passt die Melodie in einen Klaviersatz ein. „Zehn" wird als Auftakt gehandhabt, sodaß die Betonung auf „Brider" und nicht auf die jeweilige Zahl fällt. Die Notenwerte sind relativ gleichförmige Achtel mit Ausnahme der Sechzehntel in Takt 3. - Elsbeth Janda, die ihre Liedersammlung „Lieder aus dem Ghetto" 1962 weitgehend der oralen Tradition des aus Polen stammenden Max M. Sprecher zuschreibt, lehnt sich an Kisselgoff an, benötigt aber, um etwas mehr Text unterzubringen, bei gleichen melodischen Rahmentönen mehr Sechzehntel. - Eleanor Gordon Mlotek, die zwei große Jüdische Liedersammlungen herausgegeben hat, überliefert 1990 eine amerikanisierte Version der Rezitationsmelodie. Der Kontrast von Rezitationsgestus im ersten und ausgeprägterer Melodik im zweiten Teil der Strophe wird hier betont. Das Lied beginnt emphatisch volltaktik und hebt durch eine Steigerung der Kisselgoff’schen Melismatik das „geschtorb’n" hervor. - In einer 1994 von M. D. Goldin aus „authentischen Quellen" zusammengestellten russischen Sammlung jüdischer Volkslieder wird zwar Kisselgoff als Quelle genannt, die Melodie des Rezitativs aber „in einer Rigaer Variante" wiedergegeben. (Goldin erwähnt auch, daß der Refrain in Riga nicht gesungen wird.) - Die deutsche Platteneinspielung der Gruppe „Zupfgeigenhansel" aus dem Jahr 1979, die sich in bundesdeutschen Liederbüchern der 80er durchgesetzt hat, stellt eine Mischung aus Janda/Sprecher (rezitativische Sechzehntel auf Füllwörtern oder -silben) und Globin (Auftaktigkeit) dar.

Der Ruf „Oj!":

Der jüdische Sänger nimmt allen, die sich über ihn lustig machen, die Spottargumente aus dem Munde. Zwischen Strophe und Refrain steht der Ruf „Oj!", den deutsche Bildungsbürger vielleicht als Schreckensschrei der Juden aus der „Salome" kennen, wenn Herodes das Allerheiligste als Belohnung für den Kopf des Jochanaan aussetzt. Wer dem litaneiartigen Rezitativ Gefühllosigkeit vorwirft, wird nun eines anderen belehrt. „Oj!" kann als Inbegriff von Wehklage oder als Ausdruck des Entsetzens gehört werden. Durch die Tatsache, daß „oj" als instrumental empfundene Vokalise im Refrain verwendet wird, wirkt dieser „freie" Einschub besonders herausgehoben.

In Kisselgoffs Ausgabe des Liedes wird „Oj!" unbegleitet gesungen und mit Fermate versehen. Dies ist besonders auffallend, weil Kisselgoff das Lied durch einen dreistimmigen Chorsatz mit Klavierbegleitung „kleinbürgerlich" gezähmt hat. Da Kisselgoffs Chor-Klavierarrangement die erste Notenausgabe des Liedes ist, ist anzunehmen, daß diese Fermate ein aussagekräftiger Reflex der zeitgenössischen Singepraxis ist. Möglicherweise hat Kisselgoff mit dem „Oj!" seinem Zielpublikum - der deutschen jüdischen Schule und Familie - hier eine Praxis vermittelt, die nicht selbstverständlich war. Hierfür spricht die Tatsache, daß die russische Ausgabe von Globin überhaupt kein „Oj!" notiert und Mlotek dem „Oj!" die Funktion eines beiläufigen dominantischen Auftakts zum Refrain gibt. Für Mlotek dürfte es selbstverständlich gewesen sein, daß ein solcher Auftakt rubato gespielt wird. Wenn daher alle deutschen Nachkriegsfassungen das „Oj!" explizit und mit Fermate ausnotieren, so heißt dies auch, daß sich die originale Aufführungspraxis nicht mehr von selbst versteht. Die Dauer der Fermate beträgt in den von uns untersuchten Interpretationen übrigens zwischen 0,3 und 13 Sekunden!

Der Refrain:

Dem Ausruf „Oj!" folgt der Refrain, in dem „Schmerl mit’n fidele" aufgefordert wird, zusammen mit Tewje mitten auf der Gasse ein Stück zu spielen. Der Gestus des Refrains kontrastiert in jeder Beziehung zum Rezitativ der Strophen. Er steht aber nicht „in Widerspruch" zu dem der Strophen, sondern entfaltet den in den Strophen angelegten V-Effekt aus einer neuen Perspektive. Das „Oj" wird nun in schnellem Tempo ohne Rubato gesungen. Der Text „schpil’sche mir a lidele" ist so etwas wie ein jiddischer Topos. Melodisch nimmt diese Passage die Wendung von „ejner is fun uns geschtorb’n" auf, ansonsten herrscht das Treiben von Instrumentalmusik.

Nicht nur der Text, sondern die dramaturgische Funktion des Refrains kann als Topos bezeichnet werden. In höchster Not, in tiefstem Leid oder schlicht, wenn nichts mehr geht, soll die Musik zum Tanz aufspielen: „Spiel, spiel, spiel! Spiele mit Gefühl! Weinen sollst du mit und lachen..." sang schon der unglückliche Gutsverwalter in Emerich Kalmans „Gräfin Mariza" dem Czardas-Geiger zu. „Schpil, schpil, Klesemerle, schpil, weijsst doch woss ich mejn un woss ich wil. Schpil, schpil, a lidele far mir - schpil a nigndl mit harz un mit gefil!" heißt es im Refrain eines Liedes von I. Koplier. Ein Vater, der seine letzte Tochetr verheiratet, singt „schpilt, klesmorim, arojs uns trern" („spiel Klezmer, rühre uns zu Tränen"), ein wehmütiges Emigrantenlied erinnert sich an die verlassene Heimat: „Oy, nem guter klezmer, dajn fidl in hant, un schpil mir dos lid fun goldenem land... und s’vilt zikh, vi di mame, mit harts und gefil, dos lidl mir zingen - oj, schpil es mir, schpil!" („...und es fühlt sich wie Mamma mit Herz und Gefühl das Lied mir zu singen, oh spiel es mir, spiel").

Daß dieser Refrain von Globin als (in Riga) „relativ unbekannt" bezeichnet wird, weist ebenso auf die relative Eigenständigkeit des Refrains hin wie die Tatsache, daß er sich 1936 unter den kompositorischen Händen von Abraham Ellstein im Film „Yidl mit’n Fidl" als Titelmelodie verselbständigen konnte. Für den Film werden neue Strophen komponiert und der Refrain im 2. Takt dominantisch abgeändert:

Diese Änderung übernehmen Globin, Mlotek und Janda, sie „glättet" den Gestus mit wenigen Harmoniewechseln im Hinblick auf gängige, folkloristisches Harmonieschemata, die das Dominantische lieben.

Fazit: Die Dramaturgie der „Tsen Brider" arbeitet mit den drei heterogenen Bestandteilen Rezitativ, Ruf und Refrain. Der „Humor" des Liedes kommt zum Tragen, wenn das emotionale und energetische Wechselbad, dem die HörerInnen durch diese Dramaturgie ausgesetzt sind, wie ein Saunagang erlebt werden kann. Das heißt, wenn die heterogenen Bestandteile dialektisch aufeinander bezogen, die Unterschiede nicht verwischt oder abgemildert oder einem emotional-energetischen „Gesamtkonzept" untergeordnet werden.

2. Die historische Dramaturgie des Liedes

Hier die Handlungsstränge, Schauplätze und Situationen des 100-jährigen „Schauspiels", dessen Thema das Lied, dessen Akteure zahllose Menschen auf den Bühnen Osteuropas, Deutschlands und den USA gewesen sind:

Zur Parodie der Roten Armee siehe: Inge Lammel (Hg.): Arbeitermusikkultur in Deutschland 1844-1945. VEB Deutscher Verlag für Musik Leipzig 1984, S. 205 (als Flugblatt „Zehn kleine Meckerlein").

Das Lied „Zehn kleine Negerlein" bildet eine von mehreren Folien, auf denen sich die Geschichte der „Tsen Brider" abspielt. Wilhelm Heiske erwähnt Dokumente aus dem Deutschen Volksliedarchiv Freiburg, die darauf hindeuten, daß die „Zehn kleinen Negerlein" osteuropäischen Juden bekannt gewesen sein könnten. Sollten die „Tsen Brider" aber eine bewußte Parodie der „Negerlein" sein, so wäre erstaunlich, daß die Melodien beider Lieder nichts miteinander zu tun haben. Die Strophen der „Tsen Brider" sind, wie gezeigt, stark dem synagogalen Rezitationston angelehnt, die „Negerlein"-Melodie sequenziert in deutscher Kinderliedmanier. Der „Tsen-Brider" -Refrain hat ebenso wie die Heterogenität der Gesamtdramaturgie kein Pendant bei den „Negerlein". Auf- oder Abzählen kommt auch in chassidischen und jiddischen Liedern häufiger vor. Gerade der „abnehmende" Trend - von 10 auf 1 - ist nicht singulär, was auch damit zusammenhängen kann, daß Juden nicht zählen durften. Das relativ bekannte Lied „Hob i mir a mantl" hat dasselbe „abnehmende" Schema ohne Zahlenangaben.

Unabhängig von der entstehungsgeschichtlichen Verbindung der beiden Lieder, muß berücksichtigt werden, daß auch heute in Deutschland so gut wie niemand die „Tsen Brider" hören kann, ohne an die „Negerlein" erinnert zu werden. Kinderbücher zeigen, daß die „Negerlein" noch ungebrochen aktuell und bekannt sind. Immer wieder erscheinen neue Textfassungen und neue Bebilderungen des alten Schemas, so 1982 von Fritz Baumgarten („Eine lustige Geschichte in drolligen Bildern") oder 1983 von Antja Vogel (mit etwas poppigen Bildern). Die „Zehn Negerlein" im Pestalozzi-Verlag von Felicitas Kuhn aus dem Jahr 1965 sind derzeit in 67. Auflage (1996) im Verzeichnis Lieferbarer Bücher enthalten. 1985 gab die Sonderausstellung „Der Afrikaner im Deutschen Kinder- und Jugendbuch" anläßlich der Kinderbuchmesse KIBUM einen umfassenden Überblick über den deutschen Rassismus im Kinderzimmer und konnte 11 Exponate zu den „Negerlein" zeigen .

Die erste schriftliche Aufzeichnung der „Tsen Brider" befindet sich nach Moshe Beregovski , Goldin und Mlotek in den 367 „Jüdischen Volksliedern aus Rußland", die Saul M. Ginsburg und Pesah S. Marek 1901 in Petersburg herausgegeben haben. Diese Ausgabe enthält keine Noten. Mit Noten tauchen die „Tsen Bider" erstmals im JUWAL-Verlag Berlin 1911 auf. Sussman Kisselgoff hat das Lied in sein „lider samelbuch far der jidisher shul un familie" aufgenommen (siehe Abbildung 3). Dies Buch versammelt jüdische und jiddische Volks- und Kunstlieder nebst Klezmer-Instrumentalstücken zur Erbauung jüdischer Familien und Schulklassen. Moshe Beregovski zählt Kisselgoff 1934 zu Recht zur „kleinbürgerlich-liberal-volkstümlichen Richtung der jüdischen Volksliedersammler in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts". Kisselgoffs Sammlung ist mit seinen guten Klavierbegleitsätzen (und im Falle der „Tsen Brider" dreistimmigen Chorsatz) das Pendant zu Engelbert Humperdincks „Sang und Klang fürs Kinderherz". Da vom Text der „Tsen Brider" bei Kisselgoff nur die erste Strophe wiedergegeben ist, ist anzunehmen, daß der Text, falls er nicht wegen Unschicklichkeit abgekürzt, als bekannt vorausgesetzt wurde. Das Schicksal der armen und zu Millionen zur Emigration getriebenen Ostjuden hat die deutschen, erheblich besser gestellten Juden durchaus beschäftigt. Wer immer Kisselgoffs Buch besaß und zudem ein Klavier in der Wohnung stehen hatte, wird allerdings nicht zum Kreis jenes letzten Sängers gehört haben, der täglich stirbt, weil er nichts zu essen hatte. Solche verarmten Ostjuden haben die deutschen Juden so schnell wie möglich auf der Durchreise nach Amerika „weitergeschoben", und das mit dem Ruf „unsere armen Brüder im Osten!" auf den Lippen.

In den USA taucht „Tsen Brider" nur gelegentlich unter „Yiddish Folksong" auf. Der Mainstream der dortigen „Jewish Music" bedient sich osteuropäisch klingender Melodien und Musikstücke, die sich gut als Basis eines „Jewish Swing" oder als Grundlage der blühenden jüdischen Filmindustrie bzw. des „Jewish Theatre" eignen. Erfolgreich und hitverdächtig sind „Bulgars" (von „bulgarisch"), schmissige Instrumentalstücke mit Melodien, die übermäßige Intervalle und einige ungewöhnliche Akkordverbindungen (wie beispielsweise D7-Cm zur Skala d-es-fis-g-a-b-c) bervorzugten. Bei „Tsen Brider" ist hiervon nichts zu spüren. Die Strophen sind zu dröge. Bezeichnenderweise wurde aber, wie schon gesagt, der Refrain ausgegliedert, seiner dialektisch-dramaturgischen Funktion beraubt und von Joseph Green im Film „Yidl mit’n Fidl", 1936 in Polen gedreht und in Warschau produziert, erfolgreich eingesetzt. Der Film des amerikanische Regisseurs verherrlicht das schlichte und lustige Landleben der hinterbliebenen Ostjuden und sollte den in den USA schwer arbeitenden US-Stadt-Juden eine heile Welt vorspiegeln, Heimweh erzeugen und die Kassen füllen. Joseph Green hat, nachdem die deutsche Wehrmacht in Polen eingefallen war und er zurück nach USA kehren mußte, nie mehr einen Film gedreht. Seine Botschaft war, wie er selbst sagte, überholt. Greens Komponist Abraham Ellstein erfand eine neue Melodie für neue Strophen. Der Refrain wurde leicht verändert, etwas „dominantischer". Aus „Schmerle" wird „Jidl". Als Musicaltitel wird „Yidl mit’n Fidl" auch heute von Klezmergruppen gespielt und gesungen. Der Film selbst ist so unerträglich einfach gestrickt und unrealistisch, daß er heute nur noch im dokumentarischen Sektor ein Dasein fristet.

Wie viele jiddische Lieder sind auch die „Tsen Brider" in deutschen Konzentrationslagern verwendet und umgedichtet worden. Alexander Kulisiewicz, der seinen Aufenthalt im KZ Sachsenhausen überlebt und in einer Autobiografie geschildert hat, berichtet nicht nur von der Umarbeitung der „Tsen Brider" durch den polnischen Dirigenten Martin Rosenberg im Frühjahr 1942. Er hat diese Umarbeitung auch nach der Befreiung Deutschlands vom Faschismus konzertant vorgetragen und auf Platte eingespielt. Rosenberg hatte die „Tsen Brider" für seinen Jüdischen Chor einschneidend bearbeitet. Kulisiewicz hat von Rosenberg (nach eigener Aussage) die Interpretationsart übernommen, sodaß die späteren Platteneinspielungen wahrscheinlich eine gewisse Authentizität besitzen. Rosenberg soll über den Refrain „Yidl mitn Fidl" zu Kulisiewicz gesagt haben: „Wenn du einmal frei bist, wirst du das so singen, daß die Juden, aber auch die Nichtjuden bei meinem Lied weinen werden". Dazu mußte die dialektische Dramaturgie der Vorlage liquidiert und durch eine „geradlinige" ersetzt werden, mit Worten Rosenbergs: „Mein Testament ist auch dieses Lied meiner Rache". Der Text lautet nach Kulisiewicz:

Jüdischer Todessang

[bum, bum, bum ... Li-laj li-laj...]
Tsen brider zenen mir geven,
hobn mir gehandelt mit layn.
eyner iz geshtorben,
zenen mir geblibn nayn.
yidl mitn fidl, Mojshe mitn bas,
shpilt zhe mir a lidl,
men firt undz in dem gaz.

Ayn bruder nor bin ihk geblibn,
mit vem zol ikh veynen?
di andere hor men derharget,
tsi gedenkt ir zeyer nemen?
yidl mitn fidl,
Mojshe mitn bas,
hert mayn letst lidl,
men firt mikh oykh tsum gaz.

tsen brider zenen mit gevesn -
mir hobn keynem nisht geton.

Am erstaunlichsten ist die Wortspielerei, derzufolge sich gas = Gasse in gas = Gas verwandelt hat. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung, daß die Juden sich über die Funktion der Gaskammern bis zum Betreten der „Dusch- und Desinfektionsanlagen" getäuscht haben, artikuliert der Text ein klares Bewußtsein der Lage, wenn er dem musizierenden Jidl mit’n Fidl zuruft: „Wenn du für mich spielst, so als Begleitung zu meinem letzten Lied". Rosenberg ist zusammen mit allen seinen jüdischen Mithäftlingen noch 1942 nach Auschwitz transportiert und dort umgebracht worden. Freilich ist nicht ausgeschlossen, daß Alexander Kulisiewicz den Hinweis aufs Gas einer späteren (eventuell eigenen) Umdichtung entnommen hat. Die industrielle Vergasung beginnt in Auschwitz erst Mitte 1942 und es ist unklar, ob Häftlinge in Sachsenhausen Anfang 1942 schon „gehen wir ins Gas" als Synonym für die „Verlagerung" nach Ausschwitz gebraucht haben. Man sollte daher die heute bekannte KZ-Fassung als eine Rosenberg-Kulisiewicz’sche bezeichnen.

Alexander Kulisiewicz ist in den 60er Jahren mehrfach in der Bundesrepublik aufgetreten, unter anderem 1967 auf Burg Waldeck. Noch auf der 1975 vom Pläne-Verlag in Deutschland vertriebenen Platte „chants de la déportation" bezeichnet Kulisiewicz die „Tsen Brider" als „Jüdischer Todestango". Eberhard Rebling berichtet, daß er das Lied in einer eindrucksvollen „szenischen Interpretation" 1947 in einem Lager für jüdische „displaced persons" bei Hamburg gehört, in der Folgezeit mit seiner Frau Lin Jaldati zusammen aber nie interpretiert habe. Elenanore Gordon Mlotek, die die Sachsenhauser Fassung ebenfalls zitiert, beruft sich auf eine amerikanische Liedersammlung von Shoshana Kalisch. 1994 bringt Daniel Kempin die Kulisiewicz’sche Fassung als „yidisher toytngezang" heraus, wobei Kempin sich an Kulisiewicz orientiert. Da Kempin eigens betont, das Stück aus dem Nachlaß Kulisiewicz’ von dessen Sohn erhalten zu haben, gibt er zu erkennen, daß er den „Jüdischen Todessang" nicht mit den in Deutschland gut bekannten „Tsen Bridern" in Verbindung bringen möchte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg taucht das Original der „Tsen Brider" in der BRD als „Ghetto-Lied", übermittelt durch Max M. Sprecher, auf. Peter Rohland, der Mitbegründer des Festivals „Chanson und Folklore" auf Burg Waldeck, singt „Tsen Brider" als politisches Lied. Ende der 70er Jahre erscheinen 2 Schallplatten mit dem Titel „Jiddische Lieder" der Gruppen „espe" (1977) und „Zupfgeigenhansel" (1979). Beide Platten verstehen sich als „anti-faschistisch": „espe" wählt als Motto ein Partisanenlied, das nach dem Warschauer Ghettoaufstand entstanden ist („sog nischt kejnmol, as du gejst dem leztn weg"), und „Zupfgeigenhansel" sagen am Ende des Vorworts: Die jiddischen Lieder „sind zu verstehen als Aufruf für eine Welt, in der ein derartiges Schicksal wie das der Juden unmöglich wird".

In diesem Kontext rezipiert die politische Folkszene auch die „Tsen Brider". Es ist die Zeit von „Klaus dem Geiger", von „Tommy" und den „Drei Tornados", deren Sinnlichkeit und lustbetonte politmusikalische Anarchie ernsthafte Barden wie Walter Mossmann und den eben ausgebürgerten Wolf Biermann in der „Freien Republik Wendland", auf Kölns Straßen und in ausgewählten Seminaren an der Universität Dortmund glatt an die Wand spielt. Die „Tsen Brider" nutzen ihre dramaturgische Chance: ernsthaft, ja traurig und schicksalsschwer und zugleich lebensfroh ausgelassen. Die Anti-Atom-, Anti-Repression-, Friedens- und Ökologie-Bewegung entdeckt „das Leben vor dem Tod". Und der verzweifelte Ruf des Sängers von „Tsen Brider" nach dem Jidl mit’n Fidl und dem Tewje mit’n Bass ist auch der ihrige. Was „Tsen Brider" seit 75 Jahren dramaturgisch vorgegeben haben, wird nun erfolgreich praktiziert, beispielsweise von „Tommi und dem Mobilen Einsatzorkester", die den „Repressionstango" in einen irischen Fiddle-Tune übergehen lassen.

Die in den 70er und 80er Jahren in den einschlägigen Szenen umlaufenden Lieder wurden aktiv angeeignet. Die „Tsen Brider" erfuhren beispielsweise eine Bearbeitung für 32 Blasinstrumente, die bei einer antifaschistischen Aktion zum 50-jährigen Gedenken an die Bücherverbrennung in Bremen uraufgeführt wurde. Diese Bearbeitung wurde von mir ausführlich dargestellt und analysiert. Die Botschaft Martin Rosenbergs wurde zugespitzt, die passive Klage in eine aktive Anklage verwandelt. Der Dissonanzgrad des recht komplizierten Arrangements nahm umgekehrt proportional zur Zahl der gerade vorhandenen „Brider" zu.

Während das amerikanische Klezmer-Revival der 70er Jahre die „Tsen Brider" kaum oder nicht beachtet hat - es war musikalisch nicht schmissig genug, das amerikanische Judentum war mit „Yidl mit’n Fidl" hinreichend bedient, und die neuen Klezmorim beargwöhnten allzu politische Aussagen -, hat die deutsche Klezmer-Rezeption der 90er Jahre das Lied re-aktiviert. Dies liegt teils daran, daß im Zuge des deutschen Klezmer-Revivals die politischen LP’s der 80er Jahre neu als CD’s aufgelegt wurden. Teils aber auch an der deutschen Situation, wo das Problem der „Vergangenheitsbewältigung" jede Art von Beschäftigung mit jüdischer Kultur überschattet. Zudem gab es in Deutschland nur wenige Juden, und diese interessierten sich kaum für Klezmer, sondern eher für Mendelssohn, Mahler oder Schönberg. Die Musikpädagogik praktizierte „Shalom"-Gesänge, die die linke Szene der BRD nach dem Sechstagekrieg als heuchlerisch verabscheute. Giora Feidman als der für Deutschland wichtigste Botschafter und Transformator jiddischer Musik hat dann bezeichnenderweise mit dem NDR die „Tsen Brider" eingespielt, sich an der Sachsenhausener Version orientiert und dadurch eine spezifisch deutsche Nachkriegsversion geschaffen. Wie bei Rosenberg ist auch seine textlose Bearbeitung des Liedes dramaturgisch eindimensional.

1998/99 studierte ich zusammen mit Willem Garre, einem „Assistenten" von Giora Feidman, die Musikstücke, die ich in einem „Klezmer"-Seminar behandelt hatte, mit der 20-köpfigen Klezmerband „Balagan" ein. Ausgehend von der Kritik an der Blasmusik-Version der „Tsen Brider" und ganz unter dem Eindruck der Platteneinspielung von Peter Rohland aus dem Jahre 1965 konzipierten wir eine „szenische Interpretation" des Liedes, von der wir erst später bemerkten, daß sie gewisse Züge der Kulisiewicz’schen KZ-Fassung enthielt. Sie versuchte, den Begriff „Dramaturgie", der im vorliegenden Aufsatz als theoretische Kategorie eingeführt und gebraucht wird, im ursprünglich-theatralischen Sinn zu nehmen.

Fazit: Das Lied wird, wie zu erwarten ist, vielfältig in Gebrauch genommen. Nicht immer ist die (immanente) Dramaturgie des Liedes, die den spezifischen „Humor" entfaltet, dabei erhalten geblieben. Es gab Situationen wie diejenige in Sachsenhausen, wo dem Sänger das Lachen verging. Es gibt heute eine Art „Holocaust"-Ritual, bei dem ebenfalls nicht gelacht werden darf. Dadurch ist fraglich, ob das Lied die „emotionale Misere" der Ostjuden im Sinne des Eingangszitats von Ruben Frankenstein noch zum Ausdruck bringen kann. Die KZ-Fassung ist eindeutig, meidet jede Ambivalenz und somit jeglichen Ansatz von „Humor". Die deutschen Nachkriegsfassungen schwanken zwischen der originalen Art, soziale und emotionale Misere in einer heterogenen musikalischen Dramaturgie zum Ausdruck zu bringen, und einer Art musikalischer „Erinenrungsarbeit" an den Holocaust hin und her. Deutsche Interpretationsversuche der Nachkriegsjahre können als unterschiedliche musikalische und politische Werge in diesem Spannungsfeld gesehen werden.

3. Deutsche Nachkriegs-Interpretationen des Liedes

Die deutschen Nachkriegs-Interpretationen der „Tsen Brider" erweitern mehr oder weniger die ursprüngliche „Botschaft", die Dramaturgie des Liedes im Sinne einer Verallgemeinerung und Ent-Historisierung:

In ihren jeweiligen Interpretationen lassen Musikerinnen und Musiker erkennen, wie sie die Botschaft verstehen und wie sie die Wirksamkeit ihrer musikalischen Mittel bei der Vermittlung dieser Botschaft einschätzen und einsetzen. Neun Einspielungen des Liedes „Tsen Brider" sind von mir darauf hin untersucht worden, wie sie die

gestalten. Bereits die bloßen Dauern-Verhältnisse und damit das Tempo lassen erkennen, daß die Interpretinnen und Interpreten sehr unterschiedlich vorgehen:

Dauern in sec Rohland 1965 Zupfgh 1979/80 Bläser 1983 Müther1985 Balagan 1999 K’siewicz 1965/75 Kempin 1994 Feidman 1995
Strophe 1 10,5 10,5 12,8 13,0 21,0 37 32 36
Oj! 0,3 4 5 4 5 13 10,8 -
Refrain 1 12,3 25 19 23 + 14 25 51 44 21 + 20
Strophe 10

16,4 32 12,8 22,5 19,5 33 32 36
Refrain-Wiederhlg. 2 + 2 3 + 4 - 3 5+1 - - -
Gesamtdauer 3'40" 7'29" 4'10" 5'25" 6'45" 6'17" 4'39" 3'46"

Peter Rohland ist der „schnellste" Sänger, er schlägt den fast marktschreierischen Ton eines Bänkelsängers an, der das „gestorb’n" hervorhebt. Das „Oj!" ist kein Klageruf über den Inhalt der Strophen, sondern ein kurzer Auftakt zum Refrain, der in stets gleichem Tempo sehr zügig gespielt wird. Die Strophen werden sukzessive langsamer. Einzelne Worte werden überbetont. Auf diese Weise entsteht eine sehr vorsichtige Kommentierung des Inhalts, die aber an keiner Stelle wehleidig oder klagend ist. Einzig der letzte Refrain setzt langsam an und steigert sich als Stretta. Das Stück endet kurz und prägnant mit der Andeutung eines Tanzes. Rohland versucht nicht, in den HörerInnen Gefühle von Trauer oder Mitleid hervorzurufen, das tragische Geschehen bleibt emotional „unkommentiert" stehen. Die HörerInnen müssen selbst denken und fühlen.

„Zupfgeigenhansel" machen aus dem Lied eine sich entwickelnde Geschichte. Die Strophen 1 bis 9 werden weitgehend erzählend gesungen, eine sehr lange Generalpause trennt Strophe und Refrain, das „Oj!" kann dabei sogar entfallen. Wenn ein „Oj!" gesungen wird, so als Auftakt zum Refrain und nicht als Kommentierung der Strophen. Die Strophe 10 bildet einen extremen Kontrast zum Vorhergehenden, stockend und pausendurchsetzt geht sie in einen Refrain über, der mit Tempo MM = 33 ansetzt und sich in 3 Wiederholungen dann zu MM = 143 steigert. Extremer geht es kaum. Nach einem Break setzt noch einmal ein Kehraus ein. - Auch wenn „Zupfgeigenhansel" nicht gefühlsbetont singen, so zeigen sie doch überdeutlich, daß das Lied einen tragischen Inhalt hat. Der Refrain hat es, so sagt der extrem langsame Anfang, angesichts dieser Tragik schwer. Umso froher dürfen die ZuhörerInnen sein, daß es doch nochmals mit Tanz und Spiel „gut" ausgegangen ist. Die Musiker kommen damit einem Zeitgeist entgegen, der über der Politik die Sinnlichkeit und Ausgelassenheit nicht vergessen wollte.

Die Bläser-Version ist eine textlose „Kommentierung" des Geschehens, ist die Interpretation mit dem höchsten Maß an politically correctness. Sie beruht auf der Idee, die Musik exakt gegenläufig zum Text zu gestalten, die Anzahl der Stimmen und Dissonanzen pro Toten zu steigern. Dabei kann das Temnpo weitgehend konstant gehalten werden. Der Ruf „Oj!" wird zum dissonanten Bläser-Inferno ausgebaut, der Kehraus ist ein Teufelsreigen. Die Pausen, die Rubati und Stretta-Elemente aller Liedermacher-Versionen des Liedes fehlen hier. Der ursprüngliche „Humor" des Liedes ist verschwunden und durch bissigen Ernst ersetzt. (Das Arrangement war für eine genau choreografierte mehrstündige Straßenaktion zum 50. Jahrestag der Bücherverbrennung in Bremen konzipiert. Es wurde also einem übergordneten Konzept eingepaßt und damit seiner eigenen dialektischen Dramaturgie beraubt.)

Katharina Müther schlägt von Anfang an einen sehr zurückhaltenden Ton an, der im Verlauf der 10 Strophen etwas an Intensität zunimmt. Der Ruf „Oj!" ist klagend (Halbton statt Kuckucksterz). Der Refrain kontrastiert wenig. Instrumentale Vor- und Zwischenspiele, die mit unterschiedlichem thematischem Material arbeiten, aber keinen erkennbaren Bezug zur Aussage des Textes haben, umgeben die Strophen und drängen den Refrain zurück. Als Solistin kann Müther mit diesem Tanz am wenigsten anfangen, sie läßt ihn das vorletzte Mal aus und kürzt in der Coda extrem ab. Wie bei „Zupfgeigenhansel" ändert sich der Gesang bei der 10. Strophe. Zusammen mit der vor dem letzten „Oj!" eingelegten Pause ein deutlicher Hinweis darauf, was die HörerInnen zu fühlen haben.

„Balagan" hat das Lied „szenisch" interpretiert und sich damit auf die natürliche Dramaturgie der „Tsen Brider" verlassen. In den Strophen singen genau so viele Personen wie Juden noch am Leben sind. Also singt zum Schluß eben nur noch einer. Die Brider stehen vorn an der Bühnenrampe, der Chor, die Instrumentalisten und die tsen Brider stehen und musizieren von hinten. In die Strophenschlüsse hinein ertönt von außen der Ruf „Oj!". Der Sänger variiert dabei typische Klage-Rufe, die klischeehaft mit Juden verknüpft werden. So ist dieser Tonfall im Film „Fischke der Krumer" zu hören, wenn der Hauptdarsteller seine tote Mutter fragt, warum die Juden so viel leiden müssen, ein Tonfall der nicht ohne Überzeichnung und Selbstironie ist. Erst bei Alexander Kulisiewicz wird dieser Tonfall bitterer, vielleicht aber auch hilfloser Ernst. Beim Refrain wandert der Geiger von „Balagan" über die Bühne und bespielt die lebenden Brider. Durch diese Inszenierung wird die Gesamtspieldauer verlängert, die komplizierte Agogik vieler anderer Interpretationen erübrigt sich aber.

Die Interpretation von Alexander Kulisiewicz fällt in zweierlei Hinsicht aus dem bundesdeutschen Rahmen. Zum einen singt Kulisiewicz die Sachsenhausener KZ-Version, die ganz erheblich von den originalen „Tsen Bridern" abweicht. Zum andern ist Kulisiewicz ein in Deutschland singender Pole, der zudem erklärtermaßen mit seiner Musik die Erinnerung an den Holocaust aufrecht erhalten möchte. Mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln löst Kulisiewicz den „Humor", d.h. die dialektische Dramaturgie der „Tsen Brider", auf und verwandelt die umtextierten Strophen 1 und 10 zusammen mit dem umgedeuteten Refrain in einen Gefühlsausbruch grandiosen Ausmaßes. Die Intro erinnert an Glocken und ein Wiegenlied, das später beim „Oj!" wieder aufgegriffen wird. Strophe und Refrain sind musikalisch nicht unterschieden, auch Strophe 1 und 10 unterscheiden sich nicht: von Anfang bis Ende herrscht höchste Ausdrucksstufe ohne Steigerungsmöglichkeit vor. Kulisiewicz hat Rosenbergs Mahnung, das Publikum solle bei diesem Lied weinen, sehr Ernst genommen.

Daniel Kempin orientiert sich wörtlich an Kulisiewicz. Allerdings gibt er den freien Eruptionen des Vorbildes einen künstlerischen Schliff, vor allem auch in harmonisch-kontrapunktischer Hinsicht. Abweichend von Kulisiewicz benutzt Kempin das Mittel der Stretta für den verhaltenen, energetisch aber vehement aufgeladenen Refrain und läßt seine Interpretation versöhnlich ausklingen.

Auch Giora Feidman spielt die Version von Kulisiewicz. Er nennt sie wieder „Tsen Brider" , während Kempin und Kusilienwicz von „Jüdischem Todestango" sprechen. Feidmann glättet noch mehr als Kempin und spielt sich im wesentlichen anhand der Sachsenhausener Musik selbst. Bis auf eine minutiöse Terassendynamik im Refrain ist das ganze Stück pianissimo. In der Coda zitiert Feidman eine Idee, die Kulisiewicz möglicherweise von Martin Rosenberg übernommen hat: In der Coda wird das Strophen-Rezitativ nochmals aufgegriffen zum Text: "tsen brider zenen mit geven - mir hobn keynem nisht geton". Daher endigt Feidman mit einer zarten Andeutung der „Tsen Brider". Alles in allem eine ausgewogene, in sich kreisende Form. Ohne Zweifel „Holocaust vom Feinsten".

Fazit: Die unterschiedlichen Interpretationen schöpfen unterschiedliche interpretatorische Möglichkeiten im Rahmen der vorgegebenen Dramaturgie des Liedes aus. Rohland fordert das Publikum am stärksten heraus. Alle anderen Interpretationen gestalten das Lied emotional aus, geben mehr oder weniger deutlich vor, wie das Publikum zu fühlen habe. Am durchgreifendsten Kulisiewicz, den man heute eher als historisches Monument denn als Interpreten der „Tsen Brider" hört, in seiner Nachfolge der ideologisch sehr korrekte Daniel Kempin, in geringem Abstand der introvertierte Giora Feidman und die politisch durchdachte Bläser-Version. Ein Versuch, die Vorgabe von Gefühlen so weit wie möglich zurückzunehmen, stellt die musikalisch-szenische Interpretation von „Balagan" dar. „Zupfgeigenhansel" geben zwar auch Gefühle vor, spiegeln aber gleichzeitig die Gefühls-Heterogenität des Liedes wider, indem sie dem emotionalen Tiefpunkt bei Strophe 10 einen ausgedehnten, turbulebten Tanz folgen lassen. Katharina Müther kommentiert in einem eigenen Stil, eher klagend, aber unaufdringlich.

Ein „klassischer" Liedermacher, der sich an Brecht und Eisler orientiert, wird vermeiden, seinem Publikum vorzugeben, wie es zu fühlen habe. Erst dann entsteht das, was die Pointe von „jiddischem Witz und Humor" ausmacht. Andererseits ist gerade bei der jiddischen Musik - beim instrumentalen Klezmer wie bei den Liedern - nicht zu verkennen, daß die Musik davon lebt, daß sie gefühlsbetont ist. Wenn die InterpretIn ihre oder seine eigenen Gefühle unterdrückt, um ein möglichst neutrales Sprachrohr der Botschaft zu werden, so würde sie oder er unehrlich, unpersönlich oder profillos wirken. Zudem ist die Gefühlsduselei im jiddischen Humor immer ambivalent: sie wird ironisch dargestellt (und damit kritisiert), zugleich doch kulinarisch genossen.

4. Die Zukunft des Liedes in Deutschland

Jiddische Lieder und Klezmermusik befinden sich in Deutschland automatisch im Spannungsfeld des sozialpsychologischen Traumas, das mit „Vergangenheitsbewältigung" bezeichnet wird. Es liegt daher nahe, die Realisierung des Liedes „Tsen Brider" als eine musikalische Maßnahme im Rahmen deutscher „Vergangenheitsbewältigungs"-Pädagogik anzusiedeln. Das Problem ist, daß sich dabei der Grauschleier des „Walser-Syndorms" über die Realisierung der Dramaturgie des Liedes legt. Mit „Walser-Syndrom" wird die Tatsache bezeichnet, daß das bundesdeutsche Überich (Pädagogik, Politik, Kirche, Medienmeinung etc.) Schülerinnen und Schülern vorschreibt, wie sie bezüglich „den Juden" oder „dem Holocaust" zu fühlen haben. Es ist inzwischen empirisch untersucht, daß und warum SchülerInnen sich Schuldgefühlen gegenüber „den Juden" verweigern.

Im Anschluß an ein an der Universität Oldenburg von mir durchgeführtem Seminar zu „Klezmermusik" habe ich den 20 StudentInnen schriftlich die Frage gestellt „Kann die Beschäftigung mit Klezmer eine Art von Vergangenheitsbewältigung sein?" Die Antworten und die sich daran anschließende Diskussion ergaben folgendes:

Die StudentInnen sagten, daß sie das Thema Juden in der Schule bis zum Überdruß, in jeder Klasse neu, durchgenommen hätten. Der Jude sei eine abstrakte Größe geblieben. Von den bekannten Horrorbildern und Statistiken überschüttet, sei man hilflos dagestanden. „Das war emotional so groß, daß man es nur abwehren konnte", sagte eine Studentin. Und „einen Bezug zu dieser ganzen Geschichte haben wir nie bekommen". Selbst die „Schuldgefühle", die aufgekommen seien, hätten einen mehr verärgert als zum Nachdenken gebracht... Sodann sagten sie, daß ihnen im Klezmerseminar „der abstrakte Jude" konkret erschienen sei, das alltägliche Leben, die Kultur und die Armut der Juden in Osteuropa, die Gründe für Emigration, die Suche nach Lebensfreude, der verbliebene, bis zum Sarkasmus neigende Humor, auch der Wille zum Widerstand und Kampf, der aus einigen Liedern spricht. Trotz der Tatsache, daß Judenvergasung und -diskriminierung nie explizit im Seminar thematisiert worden wären, sei die vielfältige Leidensgeschichte der Juden und die Art und Weise, wie Juden mit ihrem Leid umgegangen seien, ihnen verständlich geworden.

Die Konsequenz aus Äußerungen dieser Art wäre, daß ein Lied wie „Tsen Brider" als Zeugnis der jüdischen Lebensweise betrachtet wird. Dies gilt für Konzert-Interpretationen ebenso wie für Musikunterricht. Ganz entfallen müßte dabei die verständliche, im vorliegenden Kontext aber eher contra-produktive Tendenz von MusikerInnen und MusiklehrerInnen, mittels dieses Liedes festgelegte - und in Deutschland bei der älteren Generation unweigerlich ritualisierte - Gefühle erzeugen zu wollen.

Die bisherigen InterpretInnen und MusiklehrerInnen gehören entweder noch zu einer letzten Kriegs- oder zur ersten Nachkriegsgeneration. Peter Rohland, die „Zupfgeigenhansel", Katharina Müther, Martin Geck und ich gehören zu einer Generation, die sich noch unmittelbar mit den Soldaten des Krieges, mit Nazis und Mitläufern auseinanderzusetzen hatte: als Eltern und Verwandte, als Nachbarn und Lehrer, als Pfarrer und Gemeindevorstände, als Bürgermeister und Posaunenwarte. Jedes jiddische Lied war eine potentielle Provokation der Generation unserer Väter, war eine politische Demonstration. Die heutigen Jugendlichen in Deutschland gehören zur zweiten bis dritten Nachkriegsgeneration, die sich mit Neo-Nazis, nicht jedoch mit echten Nazis auseinandersetzen müssen. Diese Generation kennt Juden kaum persönlich als Mitmenschen und hat keinerlei Erfahrungenmmit „jüdischer Lebensweise". „Die Juden" erscheinen in Form von Filmen und Videos als nackte, geschundene Menschenmassen, die auf eine Weise behandelt wurden, die nicht nachvollziehbar ist und ins Reich des Science Fiction verlagert wird.

Auf diesem Hintergrund erscheint es kaum möglich, als erwachsener (älterer) Mensch in Deutschland jiddische Lieder so zu vermitteln, daß Jugendliche die Botschaft, die die Dramaturgie des Liedes „Tsen Brider" impliziert, verstehen und akzeptieren. MusikerInnen oder LehrerInnen können aber eine Auseinandersetzung mit dem Lied „inszenieren". Am geeignetsten erscheint in der Tat zu sein, das Lied szenisch zu spielen, in der Hoffnung, daß die immanente Dramaturgie der „Tsen Brider" durchschlägt und von den Jugendlichen erfahren wird. Als „Theatermusik" (oder, wenn das Medium Video eingesetzt wird, als Filmmusik) können dann verschiedene Interpretationen des Liedes hinzugezogen und auf ihre Tauglichkeit hin überprüft werden. Zwecks Präzisierung des (kleinen) Drehbuches jener Inszenierung können dann Tatsachen herangezogen werden, die in Abschnitt 1 und 2 dargestellt wurden.

Eine derartige Heransgehensweise ist nicht nur ein methodischer Trick angesichts des „Walser-Syndroms" an deutschen Schulen. Diese Herangehensweise ist auch eine intensive und zielgerichtete Erarbeitung des Liedes selbst. Es ist zu vermuten, daß der „jiddische Witz und Humor", den die Dramaturgie der „Tsen Brider" impliziert, bei solch einer szenischen Interpretation der Musik als „Ausdruck sozialer und emotionaler Misere" erfahren würde. „Witz und Humor" sind nur möglich, wenn die ursprüngliche Dramaturgie nicht mit Vorschriften für Gefühle aufgeladen wird. Die „soziale Misere" läßt sich an der wechselvollen Geschichte des Liedes, am vielfältigen Gebrauch, den Menschen von diesem Lied gemacht haben, gut ablesen. Und die „emotionale Misere" - das ist nicht nur die im Lied heraufbeschworene Unfähigkeit des Juden, sein Schicksal tatkräftig in die Hand zu nehmen, das ist auch unsere Situation in Deutschland, unser historischer Ballast seit 1933, unser „Walser-Syndrom".

Die Zukunft des Liedes liegt in unsere Händen. Sie steht und fällt mit der Fähigkeit, jiddischen Witz und Humor sich dramaturgisch entfalten zu lassen und jiddischem Witz und Humor musikalisch so Raum zu geben, daß die Musik sozialer und emotionaler Misere Ausdruck verleiht, ohne daß wir von sozialer und emotionaler Misere sprechen müssen.

1: Verwendete Quellen

Saul Ginsburg und Pesah Marek: Yevreiskia Narodnia Pesni (Jüdische Volkslieder in Rußland). St. Petersburg 1901, Nr. 130 „tsen brider". (Quelle zitiert nach Heiske 1964 und Globin 1994. Enthält nach Idelssohn 367 Lieder, ohne Text in hebräischer und lateinischer Schrift.)

Sussman Kisselgoff: lider samelbuch far der jidisher shul un familie. JUWAL Verlagegsellschaft für jüdische Musik m.b.H., Berlin 1911 (3. Auflage 1914), Nr. 23: „Zehn brider" für Klavier arrangiert von A. Shitomirski. Copyright/Quellenangabe: „Ost und West", Redaktion Leo Winz, Berlin.

Elisabeth Janda und Max Sprecher: Lieder aus dem Ghetto. Fischer Frankfurt/M. 1962, S. 144-151 „Tsen Brider" (Text mit Noten). - Neuauflage als Jiddische Lieder. Fischer Frankfurt/M. 1970.

Eleanor Gordon Mlotek and Joseph Mlotek: Pearls of Yiddish Song. Favorite Folk, Art und Theatre Songs. Education Department of the Workmen’s Circle New York 1990. S. 121-123 „Tsen Brider" („Ten Brothers"), jiddischer Text in hebräischen und lateinischen Buchstaben. S. 258-259: „Yidl Mitn Fidl" (Kommentar: „the refrain echoes the refrain of an older folksong tsen brider").

D. Goldin (Hg.): Anthology Jewish Folk Songs. Sankt Petersburg 1994. Nr. 103 (S. 136-137): „Cen Brider" (Text in jiddisch). Anthologie in russischer und jiddischer Sprache. Als Quelle ist sowohl Ginsburg und Marek 1901, als auch Kisselgoff 1911/1914 angegeben.

Anhang 2: Verzeichnis CD-Tracks:

Josef Green (Regie)/Abraham Ellstein (Musik): „Yidl mit’n Fidl" (Green Production Warschau 1936). Titelsong „Yidl mit’n Fidl".

The Burning Bush: LP „Best of Yiddish, Klezmer and Sephardic Music". ARC Music Production West Sussex 1996. Nr. 10 „Yidl mitn Fidl". Der komplette Filmsong wird gesungen, mit einer kunstvollen Begleitung und einer Klezmer-Intro.

Aleksaner Kulisiewicz: „chants de la déportation". Pläne-Verlag Dortmund 1975, B-Seite, Nr. 1: Jüdischer Todessang („Requiem Juif").

Edgar E. Ulmer (Regie): „Fischke der Krumer" (Isidore de Cashier, USA 1939). Monolog des Hauptdarstellers vor dem Bildnis seiner Mutter.

Peter Rohland: LP „Jiddische Lieder" (Verschnitt aus 2 LP’s Lieder der Ostjuden 1965), o.J. ca. 1968. Nr. 10 „Tsen Brider" (mit Gitarre und Geige).

Zupfgeigenhansel: LP „Jiddische Lieder". Pläne-Verlag Düsseldorf 1979. B-Seite Nr. 5 „Tsen Brider" (mit Gitarre, Geige, Baß, Akkordeon). Noten und Text.

Zupfgeigenhansel: „Tsen Brider". Livemitschnitt eines Konzerts Oktober 1980 in Oeringen am Bodensee.

„Oldenburg Syndrom" und „Lauter Blech" Bremen: Livemitschnitt von „Tsen Brider" (instrumental) im Rahmen einer Gedenkveranstaltung an die Bücherverbrennung am 10.5.1983 in Bremen. Arrangement Wolfgang Martin Stroh.

Katharina Müther: LP „A Lidele in Jiddisch". Carlen Records 1985. B-Seite Nr. 7 „Tsen Brider" (mit Gitarre).

Daniel Kempin: CD „mir lebn eybik! lider fun getos un lagern". (Melisma-Musikverlag Wiesbaden 1994, Nr. 1 „yidisher toytngezang".

Giora Feidman: CD „Giora Feidman featuring NDR-Chor: the soul chai - die Seele lebt". Pläne-Verlag Dortmund 1995. Nr. 12 „Tsen Brider" (Klarinette und diverse InstrumentalistInnen. Nach einer „populären Melodie",die 1942 von Martin Rosenberg in Sachsenhausen kurz vor seiner Verlegung nach Ausschwitz „zu einem Trauerlied umgedichtet worden ist").

Balagan: „Tsen Brider". Livemitschnitt vom 11.2.1999 bei einem öffentlichen Konzert in der Universität Oldenburg. „Szenische Interpretation" des Liedes mit 20 SängerInnen und MusikerInnen

Anhang 3: Szenische Interpretation der "Tsen Brider"

Ausgehend von Erfahrungen im Musikunterricht, die in die Unterrichtseinheit (Download hier) eingeflossen sind, wurde die szenische Interpretation zunächst in Slupsk (Polen) bei einer deutsch-polnischen Begegnung erfolgreich "bilingual" eingesetzt, später dann in der Türkei zum Schwerpunktthema "Migration". Auch in Magedeburg habe ich die "Tsen Brider" auf einer deutsch-polnisch-iraelischen Schülerbegegnung szenisch interpretiert. Über diese Erfahrungen habe ich in Text und Video ebrichtet (siehe hier!).


Bereitwillig und freundlich halfen mir Michael Fritsche (LP’s aus den 60ern und schwer zugängliche russische Quellen), Gisela Probst-Effah (Hinweise auf Alexander Kulisiewicz), Carsten Eckstaedt (Hinweise auf jiddische Details), Frauke Kuchenbuch (synagogale Gesangspraxis) und Willem Garre (Mitarbeiter Giora Feidmans).